Arbeit an der Darstellung

Mutig, humorvoll und sehr motiviert

Vielleicht wird die Bibel ja wieder ein Bestseller, wünscht Christina Matuella. Sie hat mit drei Tiroler Oberstufenklassen gearbeitet und das Projekt von Theater- und Regieseite her begleitet. Im Interview erzählt sie von ihren Erfahrungen.
 
darsteller

Die beiden Regisseure Christina Matuella und Wolfgang Klingler.

Jugendliche und Bibelgeschichten verbinden – geht das?
Natürlich geht das. Auch wenn ich mir vorstellen kann, dass die Bibel für Jugendliche vorrangig vielleicht nicht die wichtigste Lektüre darstellt. Durch das Projekt haben drei Schulklassen mit ihren ReligionslehrerInnen die Herausforderung angenommen – die Bibel mit unterschiedlichsten Zugängen erforscht und die Aktualität ihrer Schriften eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Vielleicht wird die Bibel aufgrund der Fotoausstellung wieder zum Bestseller.

Mit welchen Ideen bzw. Vorstellungen sind Sie in das Projekt gestartet?
Während ich gleich vor Ideen übersprudelte, waren die Vorstellungen nur sehr vage. Ein schöner Widerspruch. Ich kannte zwar die ausgewählten Bibelstellen und es gab eine Beschreibung der Ideen zur Umsetzung. Aber ich hatte keine Ahnung, wie die szenische Bearbeitung aussah und welche Essenz für das Fotoprojekt daraus zu holen war. Ich kenne meinen Anspruch. Ich wollte alles geben, um gemeinsam mit den Jugendlichen zu einem guten Ergebnis zu kommen. Die Idee bestand darin, einen Theaterworkshop anzubieten, der Spontaneität, Ausdruck, Emotionen, Präsenz u.v.m. zum Inhalt hatte. Als erfahrenen Theaterpädagogen holte ich Wolfgang Klingler dazu, um in der zu Verfügung stehenden Zeit das Bestmögliche herauszuholen. Nach dieser theatralischen Aufwärmphase sollte es um die konkrete Arbeit an den Szenen geben, um sie shootingtauglich zu machen. Auch hier wollten wir ganz praktisch starten. Nicht zerreden, sondern spielen, um zu schauen, was kommt rüber, was sehen wir, was empfinden die MitschülerInnen. Alle werden zu RegisseurInnen. Im gemeinsamen Feedback und in den im Augenblick entstandenen dramaturgischen Hilfestellungen sollten sehr individuell gestaltete Lösungen gefunden und die Szenen fixiert werden, um sie am Tag des Shootings reproduzieren zu können. Das war der Plan – und ich glaube, er ist aufgegangen.

Mit jeder Klasse wurde zuerst in einem eigenen Workshop gearbeitet. Warum?
In den Workshops ging es mir vorab darum, die Jugendlichen mit verschiedenen Theatermethoden vertraut zu machen. Mit spielerischen Basisübungen in der Gruppe, in Kleingruppen und alleine sollten die Sinne geschärft, Präsenz und Ausdruck ges
chult und Gefühle zum Ausdruck gebracht werden. Diese Vorbereitung fand ich wichtig, um den Szenen beim Fotoshooting Ehrlichkeit und Tiefe zu verleihen.

Wie haben Sie die Jugendlichen in der gemeinsamen Arbeit erlebt?
Den Großteil der Jugendlichen erlebte ich als offen, mutig, humorvoll und sehr motiviert. Aufgrund der knappen Zeitressourcen war es notwendig sofort einzutauchen. Sowohl in die Theaterarbeit als auch in die konkrete Umsetzung der szenischen Ideen. Diesen Prozess haben die meisten großartig mitgetragen. Mit wenig Pausen, viel Engagement und zum Teil verblüffend guten Ideen..

Was hat Sie bei den Jugendlichen besonders beeindruckt?
Ihre Fähigkeit, sich einzulassen. Ihre Ideen und die Ernsthaftigkeit bei der Umsetzung. Der Dialog zu den kreierten Bildern. Die Ehrlichkeit zuzugeben, dass es nicht immer eine Lösung gibt. Die Bereitschaft, uns über die entstandenen Fotos direkt in ihre Seelen blicken zu lassen.

Waren Sie von den Geschichten überrascht, die die Jugendlichen für die Umsetzung gewählt hatten?
Ja. Ich war überrascht. Überrascht von der Provokation und der Härte der Themen, die junge Menschen beschäftigen. Von ihren Überlegungen und Sichtweisen. Den Beobachtungen und konkreten Erlebnissen, die sie dazu gebracht haben, diese Bibelstellen zu wählen und in die Gegenwart zu transferieren. Alle Szenen lösten sofort interessante Diskussionen aus. Viele Bilder werden in meinem Kopf unvergessen bleiben.

Wo lag für Sie die Kraft der Darstellung?
In der Ehrlichkeit. Im sich Einlassen auf die Interpretationen der Bibelgeschichten, mit denen sich die Jugendlichen über einen langen Zeitraum hinweg beschäftigt haben.

Was sind für Sie die wichtigsten Botschaften an die BetrachterInnen?
Hinschauen – Zivilcourage beweisen – Toleranz zeigen. Das fällt mir als erstes ein. Aber sofort folgen Themen wie Macht – Machtlosigkeit – Werte – Hierarchie – Gender – Solidarität – Freundschaft. Eine unglaubliche Dichte an Botschaften.

Was wünschen Sie der Ausstellung ?
Ich wünsche der Ausstellung, dass sie viele Menschen erreicht und die Bilder nachhaltig weiterwirken. Dass manche Szenen im Kopf hängenbleiben und unsere Alltagshandlungen beeinflussen.

Und ich bedanke mich bei den Schülerinnen und Schülern, die dabei waren, für die Erfahrungen, die sie mir ermöglicht haben. Respekt vor eurer einzigartigen Auseinandersetzung mit dem Projekt „Alpenjesus“!

Zur Person:
Christina Matuella, Regisseurin und Schauspielerin; Gründungsmitglied der Rote Nasen Clowndoctors; ein Drittel der Kabarettgruppe Tris.